Sommerliches beim 129. Zungenschlag im Heidelberger Theater
Von Jutta Schneider
Das Abendmotto sollte eigentlich „Sommer” lauten, wie Zungenschlag-Gastgeber Axel Naumer das Publikum wissen ließ. Da die aktuellen Witterungsverhältnisse diesen Namen nicht verdienen, wandte sich das Team aber auch Themen zu, die uns derzeit sonst noch beschäftigen, z.B. Wetter und „Brexit”. Zu letzterem präsentierte Naumer dann auch gleich ein Telefon-Interview mit der Queen, worin sie sich – endlich – zu den unseligen Vorgängen in ihrem Lande ziemlich volksnah äußerte. Ob sie nun die alten familiären Bande nach Hannover reaktivieren will um Deutschland beizutreten?
Der Hauptakzent des Abends lag auf der Musik, in bewährter Weise vor allem durch die Zungenschlag-Band „Schlag auf Schlag” rübergebracht. Saxofonist Matthias Dörsam hatte eigens eine Komposition („Pour toute la vie”) beigesteuert. Die Band begleitete außerdem Cynthia Nickschas, ehemalige Straßensängerin mit lauter und metallischer Stimme, die sich nun auch auf der Bühne versucht. Das Publikum applaudierte eher brav. Deutlich enthusiastischer beklatschte es den jungen aufstrebenden Kabarettisten Tilman Birr, der in Berlin als Stadtführer gearbeitet hatte und aus seinem Buch über diesen Erfahrungsschatz ein witziges „Lehrstück in Dialogform” vorlas. Seine Erkenntnis: Das Leben ist mehrdeutig und vielseitig; Eindeutigkeit ist was für Vollpfosten – endlich sagt es mal einer.
Sängerin Nina Wurman, mehrmals solistisch mit „Schlag auf Schlag” und mit Rosemie Warth und Bernhard Bentgens a cappella als „Triologie”, wollte dem Sommer wenigstens musikalisch gerecht werden, weshalb auf „The summer knows” und auf „Summertime” nicht verzichtet werden konnte. Und Bentgens präsentierte – konsequenterweise barfuß – sein Lied „Der Sommer ist die schönste Zeit”.
In Jean Michel Räbers Hörspiel um Privatdetektiv Harry Stahl ging diesmal ein Schauspieler der Heidelberger Schlossfestspiele während der Vorstellung „Sherlock Holmes” seines Daumens verlustig. Ein Fall übler brexit-bedingter Machenschaften in Schauspielerkreisen, den aber Harry Stahl trotz Unterstützung durch Dackel Romeo nur beinahe lösen konnte.
Auch Thomas C. Breuer machte sich seine Gedanken über die Brexit-Auswirkungen: „Fool Britannia” statt „Rule Britannia”! Nicht eben die feine englische Art, einfach auszusteigen. Er empfahl, Steaks nur noch medium, nicht mehr englisch zu ordern und noch rasch in englischen Rosé aus Rubbergum Castle zu investieren. Genaueres findet sich in seinem Programm „Kabarett Sauvignon”.
Der Knaller des Abends: Herr Naumers „Assistänzerin” Frau Warth, die zunächst im Pelzmantel versuchte, die Lebensweisheit ihrer Mutter umzusetzen („Was gegen Kälte schützt, schützt auch gegen Hitze”). Aber dann wurde es ihr doch zu warm, also hielt sie sich lieber an ihre Oma („Der Körper braucht Luft”) und zeigte sich zum großen Amüsement des Publikums in Bikini, ja sogar im Baströckchen und bot Akrobatisches mit drei durchtrainierten jungen „Lifeguards”. Und damit war sie voll im Thema angekommen.