Ein-, mehr- und vielstimmig, der 120. Zungenschlag im Heidelberger Theater
Von Jutta Schneider
Hat es mit Christian Brückner die Synchronstimme von Robert de Niro zu Gast, und feiert der Heidelberger HardChor sein 25jähriges Bestehen, dann bleibt dem Zungenschlag-Team faktisch nichts anderes übrig – das Thema des Abends muss selbstverständlich lauten: „Stimmen“.
Und was liegt bei einer Show, die ein Radioschaffender, nämlich Axel Naumer, moderiert, und die vom Radio (SWR) aufgezeichnet und gesendet wird (am 12.4.) näher, als diverse aktuelle O-Töne und eine Schalte zu zwei „Radiomoderatoren“ – für‘s Theaterpublikum sichtbar: Thomas C. Breuer und Jean Michel Räber – die beispielsweise aus der Welt der Selbstanzeigen berichten. Stimmt es denn, dass U. Hoeneß für 27,2 Mio. zum JVA Landsberg wechselt, oder handelt es sich hier um die gerechte Strafe für den verschossenen Elfmeter von 1976?
Im selben Jahr erschien erstmals ein Hollywood-Star mit einer deutschen Synchronstimme, die fortan untrennbar mit ihm verbunden blieb: Die Stimme schlechthin, von Christian Brückner! Man schloß die Augen und konnte ihn vor sich sehen – Robert de Niro in „Taxi Driver“. Aber Brückner synchronisiert nicht nur, sondern spricht auch Radiofeatures oder Hörspiele. Und er lieh für diesen Zungenschlag seine Stimme – was für ein stimmiger Zufall – auch „Chris Bruck“ einem direkten Konkurrenten von Jean Michel Räbers Hörspiel-Protagonisten Harry Stahl, mit dem er einen abenteuerlichen Fall von Stimmverlust durch Farbspray aufklärte.
War denn auch Herrn Naumers „Assistänzerin“ Frau Warth eines der Spraydosenopfer? Sie erschien divengleich in wallendem Chiffon und wollte ihre ausgebildete Gesangsstimme präsentieren. Nach einigen Stimmübungen musste sie jedoch feststellen, dass die Stimme nicht saß und schwenkte spontan um in einen Ausdruckstanz, bei dem sie einer Mary Wigman oder Gret Palucca in nichts nachstand.
Deutlich stimmiger war da der Gesang von Nina Wurman, die auch an diesem Abend das Publikum bezaubert. Instrumentale Mehrstimmigkeit bot die Zungenschlag-Band „Schlag auf Schlag“ mit einer Komposition von Stephan Schmolck; und wie anders konnte die heißen als „Voice over“?
Bernhard Bentgens hatte diesmal nicht nur sein obligatorisches solistisches Lied parat, sondern dirigierte mit Verve und Erfolg jene 17 Herren, die seit einem Vierteljahrhundert versuchen, mehrstimmig zu singen und die er mittlerweile zu gehobener Sangeskunst geführt hat: Den schon erwähnten HardChor, dem auf der Bühne des Heidelberger Theaters ausreichend Raum gegeben wurde, seine Stimmigkeit unter Beweis zu stellen mit „Radar Love“ von Golden Earring oder dem Schmankerl „Maulende Rentner“. Als der Chor dann bei „Everybody needs somebody“ als Blues Brothers mit Sonnenbrillen sogar eine Tanzeinlage bot, riss es auch das Publikum von den Sitzen, das am Ende in seiner Bewertung des Abends einstimmig und stürmisch applaudierte.