Was tun mit der Brut?

Erziehungsmethoden beim 137. „Zungenschlag“ im Heidelberger Theater

Von Jutta Schneider

Längst war beim „Zungenschlag“ im Heidelberger Theater ein „Elternabend“ fällig. Was für eine Fülle von Themen mir Identifikationsmöglichkeit. Schließlich haben wir alle Eltern und viele auch Kinder. Diese waren Gastgeber Axel Naumer allerdings nicht vergönnt. Auch nicht seiner „Assistänzerin“ Frau Warth, die sich deshalb mit einem elektronischen Schreihals „Made in Japan“ begnügen musste, der ihr allerhand abverlangte.

Mehrfachvater Bernhard Bentgens, präsentierte mit Nina Wurman und Rosemie Warth als „Triologie“ den Beatles-Song „She’s leaving home“ und hatte auch ein eigenes Lied mitgebracht: „Wenn Vati mutiert“. Auch die Band „Schlag auf Schlag“ näherte sich mit Jazzigem dem Thema an.

Bestens zum Motto passten die Erzählungen der beiden Abendgäste, wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven: Lisa Feller konnte dazu als alleinerziehende Mutter (“single-mum“ -klingt cooler) zweier Kinder aus dem Vollen schöpfen. Sie hat aber nicht einfach Kinder, sondern Jungs, und die sind verdammt schwer müde zu kriegen. Vor allem, wenn der zugehörige Vater mehr über seine Pflichten redet, statt sie tatsächlich wahrzunehmen. Frauen hingegen schmeißen den Haushalt vierhändig und machen wenig Geschiss drum. Und wenn die Figur aus der Form gerät? Egal: Alles hängt, Hauptsache, es hängt schön. Das Anstrengendste am Mutter-Sein sind sowieso andere Mütter.

Geschichten aus Sicht des (erwachsenen) Kindes erzählte Bernd Gieseking mit ostwestfälischem Einschlag. Früher war er zu seinen Eltern Ilse (80, wortkarg) und Hermann (85, herzkrank) gefahren und hatte die Zeit dort zur Motorradpflege genutzt. Und heute? Hat sich die Pflegesituation geändert. Eine Reise nach Finnland mit den Eltern hat ihn zu einem Buch inspiriert, aus dem er überaus vergnügliche Passagen zum Besten gab. Und was, wenn der Vater in der Waagerechten hätte nach Hause gebracht werden müssen? Das sah Hermann ganz gelassen: „Du hast doch einen Volvo-Kombi“.

Jean Michel Räber steuerte mit seinem Hörspiel um Privatdetektiv Harry Stahl eine schräge Anekdote bei: Dessen Auftraggeber wollten mit seiner Hilfe ihren Sohn (35) aus dem Haus werfen, und dieser verdiente sich sein Taschengeld mit dem Klauen von Werbeschildern in der Heidelberger Altstadt.

Nicht im Elternhaus, sondern im Elternhotel ist Thomas C. Breuer groß geworden. Dort wurde er aber keineswegs verwöhnt, sondern erfuhr das Schicksal eines Gastronomie-Kindes, und es konnte schonmal vorkommen, dass er sein Zimmer mit einem Aushilfskellner teilen musste. Was soll’s – eine allzu glückliche Kindheit hätte ihn vermutlich weniger vorbereitet ins Leben entlassen. Er plädiert für einen Elternführerschein, denn ganz einfach Eltern sein zu können, ist kein gelungenes Konzept.

Und Frau Warth? Konnte das elektronische Baby gerade noch in der Rückgabefrist loswerden und verlagerte ihre mütterlichen Gefühle dann doch lieber auf das Publikum. Nicht von schlechten Eltern, dieser Zungenschlag.

INFO: 138. Zungenschlag am 21. Oktober 2018 (Vorverkauf ab 1. September).