Siebzehn Muskeln zum Lachen

Märchenhaftes beim 135. Zungenschlag im Heidelberger Theater

Von Jutta Schneider

Es war einmal ein „Zungenschlag“ (der 135.) im Heidelberger Theater, der nach märchenhaftem Vorspiel mit dem gewohnten „Chicago“-Jingle begann. Und es erschienen Gastgeber Herr Naumer nebst „Assistänzerin“ Frau Warth, die schneewittchengleich(!) und märchenonkelhaft, durch den Abend führten. „Märchen“ lautete nämlich das Motto, denn Märchen braucht die Welt – allerdings keine von Donald Trump.

Romantisch oder brutal? Egal, denn „Märchen sind ja so“, wie das Lied von Bernhard Bentgens heißt, das er als „Triologie“ zusammen mit Rosemie Warth und Nina Wurman präsentierte. Letztere sang wunderschön „Never Never Land“ (aus „Peter Pan“) und wurde von der Band „Schlag auf Schlag“ begleitet, die auch „Le petit moment“ spielte, eine neue Komposition von Klarinettist Matthias Dörsam.

Aus dem verwunschenen Land Ostwestfalen kam Abendgast Erwin Grosche und erklärte: Der Mensch hat 26 Gesichtsmuskeln, von denen er 17 zum Lachen nutzt; ein Paderborner schafft das mit nur zwei. Sehr schräg dann seine Ausführungen über Vornamen. Früher hat es weniger Namen gegeben als Kinder, daher die häufigen Doppelungen (Hans-Dieter, Klaus-Peter); heute ist es umgekehrt. Sind Namen tragend, beruhigend oder vielleicht auch praktisch? Immerhin kann Max seinen Namen in den Schnee pinkeln, Alexander nicht… Als er dann unter Einsatz seiner Gesichtsmuskeln „die drei Stufen der Peter-Sloterdijk-Entspannungstasche“ vorführte, einem Stoffbeutel mit philosophischen Büchern drin, war er vollends gebunden, der Strauß geistreichen Blödsinns im besten Sinne, zum Vergnügen der Zuschauer, die mit allen 17 Muskeln lachten.

Politische Aktualität bot das Hörspiel-Märchen von Jean Michel Räber: Privatdetektiv Harry Stahl mit Grippe und einem Namensvetter, der Delegierter des SPD-Parteitages und gleichzeitig im Fanfarenzug der Ziegelhäuser Herolde ist. Die Vereinssitzung wollte dieser keinesfalls verpassen. Also was lag näher, als den Detektiv nach Bonn zu schicken? Durch grippale mentale Ausfälle landete der aber in der Bergbahn, die zum Märchenparadies auf dem Königstuhl fährt.

A propos: Wozu braucht Heidelberg einen „zugekitschten Märchenpark“, wenn es doch einen Gemeinderat gibt mit Märchen nonstop. Das jedenfalls fand Thomas C. Breuer, der sich noch nie in „Fabelhaft“ nehmen ließ. Lieber experimentiert er mit Rotkäppchen-Sekt, auch wenn der Kater am nächsten Morgen kein gestiefelter ist.

Eine besondere musikalische Darbietung eines, na ja, Märchens, den Streichen von Max und Moritz, gab es vom Huub Dutch-Duo. Erstaunlich, was für bassgleiche Töne der Holländer seinem „Wäscheleinephon“ aus Speiskübel, Besenstiel und Wäscheleine entlocken kann. Zusammen mit seinem schwäbischen Pianisten Chris Oettinger spielte und sang er Wilhelm Busch im Blues-Sound.

Frau Warth als Sterntaler vom Theaterhimmel schwebend oder im Prinzessinenkleid tanzend: alles märchenhaft. Dem Publikum hat es gefallen, und „They all lived happily ever after“, wie es im Englischen heißt.

INFO: 136. Zungenschlag am 11. März 2018 (Vorverkauf ab 1. Februar).