Von Jutta Schneider
Heidelberg. Ein Kabarettist, der in den Ruhestand geht? Schwer vorstellbar, aber dennoch möglich: Thomas C. Breuer tut es. Viele Jahre hat er die einschlägigen Kabarettbühnen bespielt; vier Jahrzehnte lang mit Wortwitz im wahrsten Sinne Politik und allerlei gesellschaftliche Auswüchse aufs Korn genommen. Er tat dies auch mit spitzem Stift, denn es gibt von ihm 25 Bücher, in denen seine satirischen Texte nachzulesen sind. Übrigens war er in all den Jahren in Heidelberg nie in einer Gemeinderatssitzung – er machte Kabarett lieber selbst.
Auch im deutschsprachigen Ausland durfte das Publikum über seinen scharfzüngigen Wortwitz lachen. 2014 erhielt er mit dem Salzburger Stier einen bedeutenden Kleinkunstpreis, womit er sich in illustrer Gesellschaft vieler Größen des Kabaretts befindet, wie z.B. Ottfried Fischer, Harald Schmitt, Emil Steinberger oder Dieter Hildebrand.
Zwar hat es den früher in Heidelberg lebenden heute 66-Jährigen vor 15 Jahren nach Rottweil verschlagen, das ja immerhin auch am Neckar liegt, aber er behielt die Geschehnisse in Nordbaden weiter fest im Blick. In der Ferne der „Schwäbischen Karpaten“, wie er selbst sagt, vermisst er die Heidelberger Sonntage: „Immer wieder sonntags kommt die (Lärm-) Verminderung“.
Wochentags sei in Heidelberg stille Verzweiflung schlicht nicht möglich, denn da setze die Stadt Maßstäbe in Sachen Baulärm. Aber er kann ja zum Glück mehrmals im Jahr sonntags zur beliebten Kabarett-Show „Zungenschlag“ kommen. Hier ist er fast von Anbeginn seit den 90er Jahre dabei. Zunächst als „Außenreporter“ vom Band, war er später bei den meisten der mittlerweile 138 Abende persönlich anwesend und hat das Programm mitgestaltet.
Da er für An- und Abreise die Deutsche Bahn nutzte, lieferte ihm diese – als ewiger Hort kabarettfähigen Materials – haufenweise Situationen, die er gerne zum Besten gab. Er erkannte zudem, dass unsere Gegend, seit sie sich „Metropolregion“ nennt, zum „hotspot“ geworden sei. Zwar sind schon viele Häuser solarbeheizt, die meisten aber nur „so la la“, weshalb die Polkappen schon ganz „newer der Kapp“ sind. Und das auch wegen der vielen furzenden Kühe. Es ist halt ein weiter Weg von der Kuh zum IQ.
2011 bemerkte Breuer, in unserer Region müsse das Oben und das Unten eher „Vorne un Hinne“ heißen, je nach Perspektive. Wo man hinschaut, hochtrabende Projekte, die den Bach runtergehen. Welch zukunftsweisende Vision, retrospektiv betrachtet! Er plädierte auch schon mal für „weniger Weihnachten wagen“ und empfahl, sich gegen den alljährlichen „candy-shitstorm“ aus Stollen und süßlicher Musik zu wappnen, notfalls mit Glühwein, sonst drohe am Ende seelische Diabetes.
Voller Selbstmitleid hat er sich selbst mal als „Technik-Null“ bezeichnet („Isch kennt grad heile!“), als es um einen Weltkongress für Atemtechnik in Heidelberg ging. In dieser Stadt wird ja gerne geatmet, wenn auch zuweilen lang… Technisch zeitgemäß schlug er für heiße Sommer einen Workshop „Schnappatmung für Schnäppchenjäger“ vor und den Verkauf von Atem-Losen.
Seinen Rückblick auf 20 Jahre Zungenschlag 2012 hatte er seinem philosophierenden Heidelberger Käsehändler gewidmet und ihm für unzählige Inspirationen gedankt: „Weesch, wie isch mään? Alla dann – anners mol widder!“ So pflegte er sich nach seinen Auftritten zu verabschieden. Ob das Publikum diesen Satz am 14. Dezember im Kulturfenster und beim Zungenschlag am 24. Februar noch einmal hören kann? Oder heißt es dann eher: „Des isses gewest“? Schade, dass Thomas C. Breuer die Kleinkunstbühnen so ganz freiwillig verlässt. Warum, verrät er nicht.