Wenn Ariadnes Faden aus dem Nähkästchen hängt

Plaudereien beim 140. „Zungenschlag“ im Maguerresaal des Heidelberger Theaters

Von Jutta Schneider

Frau Warth war wieder da! Die beim 139. erkrankte „Assistänzerin“ von Gastgeber Axel Naumer brachte auch direkt das Motto mit auf die Bühne, das beim 140. „Zungenschlag“ den Abend bestimmen sollte: ein  Nähkästchen. Aus selbigem wurde unterhaltsam geplaudert. Dabei setzte das Kleinmöbel auch selbst zum Sprechen an, wurde aber von Frau Warth sicherheitshalber fest verschlossen. Bislang nicht Gehörtes über die „Zungenschlag“-Protagonisten sollte denn doch nicht preisgegeben werden. Schade eigentlich…

Es gab aber trotzdem bisher Ungehörtes: Die Band „Schlag auf Schlag“ spielte –mit Gastsaxophonist Gary Fuhrmann – als Beitrag in Sachen Nähkästchen die Komposition „Ariadnes Faden“ von Pianist Daniel Pantl. Über die Beatles hingegen dürfte es kaum noch Geheimnisse geben; deren Song „Do You Want to Know a Secret?“ präsentierte die A-cappella-Formation „Triologie“ (Rosemie Warth, Nina Wurman und Bernhard Bentgens, verstärkt um Julia Apfelthaler-Lindhorst).
Hörspieldetektiv Harry Stahl (alias Jean-Michel Räber) versuchte, das Verschwinden des Pustefix-Bären in der Heidelberger Hauptstraße aufzuklären. Dabei gelangte er in ein geheimes unterirdisches Labor unter der Ochsenkopf-Wiese, wo die Nichte seiner Partnerin Gerda Seifenblasenlauge manipuliert hatte, so dass am Ende alles in die Luft flog.

Nichts Explosives bot Abendgast Dr. Enrico Brissa. Wer gehofft hatte, der Protokollchef des Deutschen Bundestages würde aus dem Nähkästchen plaudern, sah sich getäuscht, ist er doch – zum Glück – die personifizierte Diskretion. Über seine Begegnungen mit Politikern und illustren Persönlichkeiten aus aller Welt bis hin zur Queen gab er nur bereits Veröffentlichtes preis. Eigentlich war er gekommen, um sein Buch zu promoten, aus dem er dann auch las. Zugegeben, ein witziges Werk mit allerlei Erbaulichem zu Gepflogenheiten in der Öffentlichkeit unter Stichworten wie „Duzen“ über „Krawatte“ oder „Oper“ bis „Verabschiedung“. Seine eigene an diesem Abend hätte man sich etwas eher gewünscht, denn sein Auftritt zog sich etwas in die Länge.

Comedian Tahnee hingegen präsentierte sehr Persönliches aus ihrem niederrheinischen Heimatdorf, wo sie nach ihrem Outing zwei Wochen lang nur Overalls trug und damit die Dorfgemeinschaft schockte. Dabei hatte sie doch gar nicht vorgehabt, Hella von Sinnen als Lebenspartnerin mit nach Hause zu bringen. Sie ließ sich vergnüglich aus über die prollige „Nähkästchenplauderei“ diverser Privatsender. Mit stimmlicher Wendigkeit karikierte sie einen fiktiven „gemütlichen Mädelsabend“ mit Silvie Meis, Helene Fischer und Heidi Klum. Und dann auch noch die bassstimmige Katy Karrenbauer als Moderatorin von „Shopping Queen“? Was für eine Vorstellung! Auf den aus dem „Zungenschlag“-Team ausgeschiedenen Thomas C. Breuer wollte man nicht ganz verzichten, und so las Jean-Michel Räber zur Freude des Publikums dessen schnurrigen Text „Auf der Nähmaschine durch den Odenwald“. Ein Vergnügen der besonderen Art mit Knopflochautomatik und Schnelleinfädelsystem.