Der 113. Zungenschlag beendete die Opernzelt-Ära
Von Jutta Schneider
Zwar hatten sich die Theaterleute bereits am Freitag von ihrem lieb gewonnenen Provisorium verabschiedet (die RNZ berichtete), aber die Ehre der allerletzten Vorstellung im Opernzelt gebührte dem ‘Zungenschlag’, an dessen Ende das Publikum von der ‘Blassportgruppe’ mit hinaus auf die Emil-Maier-Straße genommen wurde, um dort bei fetzigen Rhythmen die Alte Feuerwache nochmal ausgiebig von aussen betrachten zu können. Aber alles der Reihe nach:
Da kam zunächst ‘Assistänzerin’ Frau Warth, die, in ihrer Wohnung der Abrissbirne zum Opfer gefallen, mit einer Handvoll Habseligkeiten im Opernzelt ihr Nachtlager aufschlagen wollte. Keine gute Idee, denn es wurden, wie Moderator Axel Naumer ihr offenbarte, draussen bereits die Heringe aus dem Boden gezogen. Also telefonierte sie mit Intendant Schultze, der ihr anscheinend ein attraktives Angebot machte – wenn sie dafür den Bühnenvorhang für das neue Haus häkelt.
Auch Privatdetektiv Harry Stahl aus Jean-Michel Räbers Hörspiel hatte mit rieselndem Putz zu kämpfen, blieb aber zu guter Letzt von einer Luxussanierung seines Domizils im Menglerbau verschont und musste nicht raus: Der Investor ging pleite.
Jedoch: Die Bundeswehr muss raus aus Afghanistan (einen Teppich hat Dirk Niebel ja schonmal abgeräumt). Josef Ackermann musste raus aus der Deutschen Bank. Dazu konstatierte Abendgast HG Butzko: Nachdem der Banker seinen Geburtstag im Bundeskanzleramt hatte feiern dürfen, ergeben die Buchstaben des Wortes Bundeskanzlerin endlich Sinn: Bankenzinsluder. Dann wurde der Kabarettist auch noch philosophisch: Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand, denn jeder denkt, er habe genug davon.
Thomas C. Breuer zählte auf, wer in letzter Zeit noch so alles raus und umziehen musste: Joachim Gauck, Norbert Röttgen, die Heidelberger Polizei… Und nun also auch das Opernzelt, eine teure ‘Oper-ation’. Liesse sich der Etat vielleicht mittels Lösegeld durch die ‘Entführung aus dem Serail’ etwas aufbessern?
Ein Lied ‘Alles muss raus’ hatte Bernhard Bentgens für vier Hände und zwei Stimmen komponiert, in der Ausführung am Piano unterstützt durch Patrick Bach. Beide gaben später als ‘Triologie plus’ mit Frau Warth und Nina Wurman ein leises Abschiedslied zum besten.
Letztere entledigte sich dann zusammen mit der Zungenschlag-Band ‘Schlag auf Schlag’ ihrer Notenblätter, nachdem diese ein jazziges Potpourri präsentiert hatte.
Und dann war da also noch die eingangs erwähnte ‘Blassportgruppe’. Die zehn Herren in Sporthosen und –trikots boten zunächst auf der Bühne virtuoses Blech mit Gesang. Der erste Eindruck – eine Mischung aus Blaskapelle und Big Band – wurde rasch hinweggefegt von ihrem fetzigen Sound mit sportlichem Körpereinsatz, mit dem sie Stücke in Cover-Version aus einem umfangreichen Repertoire präsentierten. Den begeisterten Schlussapplaus für alle gab es dann – siehe oben – draussen vor der Tür. Nach einer halbjährigen Zungenschlag-Pause wird am 23. Dezember der 114. im neuen Theater über die Bühne gehen. (Freier Vorverkauf ab 10.11.)