Weniger Weihnachten wagen

Zungenschlag zurück im Heidelberger Theater

Von Jutta Schneider (Rhein-Neckar-Zeitung 27.12.2012)

Eines war klar: Beim ersten Zungenschlag im neuen Saal des Heidelberger Theaters musste erst mal ein Redner her. Und wer anders war dazu prädestiniert als Moderator Axel Naumer? Er brachte es dann auch gleich auf den Punkt: Schon im Jahre 1910 hatte es einen Theaterumbau wegen schlechter Akustik und schlechter Sitze gegeben. Die Akustik ist nun ausgezeichnet… Ein Neubau mit viel Holz und einem Foyer, so Naumer treffend, ganz im Stil eines evangelischen Gemeindesaales. Damit bildete er die gelungene Überleitung zu einem Künstler, der das Weihnachts- Instrument jener Zeit virtuos zu bedienen weiß: Blockflöten-Clown Gabor Vosteen. Der zauberte immer mehr Flöten aus seinem Anzug und blies schließlich auf sage und schreibe fünf solcher Instrumente durch Mund und sogar Nase. Mit Unterstützung einiger Zuschauer, die er zum aktiven Mit-Flöten charmant auf die Bühne zwang, war er sich des Beifalls sicher.

Als zweiter Gast des Abends erzählte Kabarettist Lars Reichow, vielen bekannt durch seine „Musikalische Monatsrevue“ in der SWR 2-Musikstunde, einige zum Teil dort bereits gesendete „ganz private“ Geschichten. Zum großen Vergnügen des Publikums schilderte er sehr plastisch den Zustand seines im Sitzsack erstarrten pubertierenden Sohnes („Er hat aber sehr bewegliche Daumen“) und die vorweihnachtliche Deko-Wut seiner Gattin. Da kann man(n) doch nur zum Bierholen in den Keller gehen. Advent, Advent, der Papa brennt!

Es droht seelische Diabetes – Thomas C. Breuers Plädoyer hingegen lautete „weniger Weihnachten wagen“. Gegen den alljährlichen „candyshitstorm“ aus Stollen, Gebäck und süßlicher Musik muss man sich – notfalls auch mit Glühwein – wappnen, sonst droht am Ende seelische Diabetes. Weihnachten, das Fest des Vergebens, manchmal auch vergebens.

Natürlich unvermeidlich beim Zungenschlag- Weihnachts-Special waren Weihnachtslieder in vielerlei Varianten. Eine davon im Medley präsentierten wunderschön gesungen – a cappella und etwas schräg – Nina Wurman, Rosemie Warth, Bernhard Bentgens und Patrick Bach als „Triologie plus“.

Eher unweihnachtlich Jazziges bot dann aber die Zungenschlag Band „Schlag auf Schlag“ mit einer Komposition von Schlagzeuger Dirik Schilgen: „Hot December“, ganz der aktuellen Wetterlage der Region angepasst.

Und so gar nichts mit Weihnachten hatte auch Privatdetektiv Harry Stahl am charakteristischen Hut: Jean-Michel Räber ließ ihn in seinem Hörspiel diesmal bis nach Berlin reisen, wo er im Hotel Adlon einen gestohlenen Euro wieder beschaffen konnte und mit einer russischen Putzfrau in den Clinch ging.

Ach so, dann war da ja auch noch Herr Naumers „Assistänzerin“ Frau Warth: Zu Beginn als weiß gewandeter Engel aus dem Schnürboden geschwebt, verhökerte sie in der Pause selbstumhäkelte Alltagsgegenstände und gab am Ende den tanzenden Christbaum. Was kann es zu Weihnachten Schöneres geben?!